Gesund leben in giftigen Zeiten Teil 2
Teil 1 unserer Reihe “Toxic World – Gesund leben in giftigen Zeiten” diente als unkomplizierter Einstieg für Konsumenten, die sich einen giftfreieren Alltag wünschen. Anders als häufig angenommen, ist die Industrie nämlich nicht verpflichtet ihre Produkte zu deklarieren, wenn ein bedenklicher Inhaltsstoff darin verarbeitet wurde. Es ist dem Konsumenten selbst überlassen herauszufinden, wo und in welchem Maße er sich mit solchen Stoffen alltäglich umgeben möchte. Wie er das tun kann, haben wir bereits im ersten Teil beschrieben.
Dennoch bleibt es ein leidliches Thema und schnell löst es Stress in uns aus – denn wir sind dazu erzogen worden, eine plastik-geprägte Generation zu sein, die es gewohnt ist, von billig und schnell hergestellten Kunststoff-Produkten umgeben zu sein. In unserer Artikel-Reihe möchten wir einen Überblick geben, wie man wieder selbst bestimmter mit dem Thema umgehen kann. In unserem zweiten Teil der Reihe „Gesund leben in giftigen Zeiten“ sprechen wir nun über hormonaktive Substanzen.
Hormonaktive Substanzen
Gebrauchsgegenstände und Lebensmittel können eine ganze Bandbreite von Zusatzstoffen beherbergen, die die Gesundheit beeinträchtigen können. Ein großer Teil davon sind die hormonaktiven Substanzen (sogenannte endokrine Disruptoren). In diesem Artikel werden wir herausfinden, in welchen Lebensphasen der Körper besonders sensibel auf hormonaktive Substanzen reagieren kann und welche einfachen Handgriffe unternommen werden können, um sich in solchen Phasen zu schützen
> Die Frage ist nicht nur WAS wir uns aussetzen, sondern auch WANN, also zu welchem Lebenszeitpunkt.
Hormonaktive Substanzen beeinflussen durch ihre Eigenschaften unser Hormonsystem und können sich schädlich auf den Organismus auswirken. Krankheiten wie Brustkrebs, Unfruchtbarkeit, Schilddrüsenerkrankungen und Entwicklungsstörungen bei Kindern sind stark hormonell gelenkt.
Mehr als 1.000 hormonaktive Substanzen (EDC) sind bekannt:
- BPA in Kunststoffen
- Pestizide und Herbizide
- Phthalate in Plastikprodukten und Parfüms
- Flammenschutzmittel in Matratzen und Sofas
- Holzschutzmitteln in Möbeln und Baumaterial
- Substanzen in Medikamenten
- und viele mehr
Hormone sind im Körper allgegenwertig, sie steuern kurzfristige Ereignisse, wie z.B. Nahrungsaufnahme und Stresssituationen, sind aber auch in langfristigen Wachstums- und Entwicklungsprozessen ausschlaggebend. Es braucht beispielsweise eine Kaskade an ungestörtem Hormonaustausch, um ein weibliches Ei oder ein gesundes Spermium zu produzieren und eine noch kunstvollere Hormonakrobatik, um ein befruchtetes Ei zum gesunden Wachstum zu bringen. Das Hormonsystem ist also besonders verwundbar in Wachstumsphasen, hier sollten die Kommunikationswege ungestört und klar ablaufen, um gesund leben zu können.
Hormonaktive Substanzen – Welche Lebensphasen sind nun von hormoneller Wichtigkeit?
Fruchtbarkeit
Wie eingangs schon angedeutet, ist eine erfolgreiche Befruchtung das Resultat einer fein ausgeklügelten Hormonbalance. Ist sie ständig durch künstliche, hormonaktive Stoffe gestört, kann dies eine Befruchtung erschweren. Natürlich sind für die Fruchtbarkeit ebenso Faktoren wie Stresslevel, Ernährungsstatus und Medikamenteneinnahme zu berücksichtigen. Wurde aber schon über ein Jahr hinaus ohne Erfolg alles versucht, kann es sich lohnen z.B. seine Körperpflegeprodukte auf schädliche Zusatzstoffe zu überprüfen und gegebenenfalls zu reduzieren, künstliche Duftsprays wie Parfum oder Raumluft-Erfrischer zu vermeiden sowie auf Lebensmittel und Getränke zurückzugreifen, die keine Pestizide enthalten. Hierbei sind besonders herkömmliche Biergetränke und Weine oft stark belastet. Diese Getränke bedürfen ebenfalls keiner Deklarationspflicht. Spannend zu diesem Thema ist die Dokumentation „Das Jenke-Experiment: https://www.youtube.com/watch?v=pkjWeelxqmo .
Sogar das Tragen eines Handys in der Hosentasche (also in der Nähe der Geschlechtsorgane) und die Wi-Fi Strahlung eines Laptops, der auf dem Schoss liegt, trägt zu einer verminderten Qualität und Quantität des Spermiums bei. Bei Problemen mit der Fruchtbarkeit empfiehlt sich eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik. Es sollte immer Rücksprache mit einem Arzt gehalten werden, denn die Ursachen bei Unfruchtbarkeit sind vielfältig. Geschult in der Thematik bezüglich umweltmedizinischer Einflüsse und Fruchtbarkeit ist am ehesten ein Arzt mit umweltmedizinischem Hintergrund. Immer mehr können sich auch Gynäkologen oder Urologen für diese Thematik der hormonaktiven Substanzen begeistern.
Schwangerschaft
Lange Zeit wurde angenommen, dass der Fötus steril und vollkommen geschützt in der Fruchtblase im Bauch der Mutter heranwächst. Nun weiß man, dass die Plazenta keine Barrierefunktion gegenüber schädlichen Substanzen darstellt. In dem Blut der Nabelschnur wurden bis zu 100 verschiedene industrielle Chemikalien gefunden; darunter Quecksilber aus Fischkonsum, Phthalate von Körperpflegeprodukten, die auf die Haut aufgetragen wurden, Flammschutzmittel aus Sofas und passivem Zigarettenrauch sowie Pestiziden aus Nahrungsmitteln. All diese Stoffe können das hormongesteuerte Heranwachsen des Babys nachhaltig schädigen. Auch Strahlung kann ein ungeborenes Kind belasten: Ein Laptop oder Handy, das NICHT im Flugmodus ist, gehört auf keinen schwangeren Bauch abgelegt!
Neugeborene/Kleinkinder
Neugeborene und Kleinkinder sind in einer starken Wachstumsphase. Speziell ihr Fortpflanzungssystem- bzw. ihre Fortpflanzungsorgane und ihr Nervensystem sind noch im Begriff zu Reifen und deshalb anfällig für hormonaktive Umweltfaktoren & hormonaktive Substanzen. Kinder halten sich mehr auf dem Boden auf und haben ein Hand-zu-Mund-Verhalten, wodurch mehr schädlicher Hausstaub und Chemikalien aus Teppichen und Vinylböden in den wachsenden Organismus gelangen kann. Außerdem haben Kinder noch eine unreife Entgiftungsfunktion, unter anderem durch verminderte Leberenzym-Produktion. Ihre Fähigkeit, schädliche Stoffe aus dem Körper auszuleiten, ist also noch nicht auf ihrem Maximum.
Pubertät
Die Pubertät spiegelt die Zeit der höchsten Hormonaktivität wider. Hier kann man fast über Nacht zuschauen, wie sich der weibliche und männliche Körper zu formen beginnt. Dann sollte vor allem Pflegeprodukte sorgfältig ausgewählt werden. Mädchen und Jungen benutzten gerade in der Pubertät besonders viele Pflege- und Kosmetik-Produkte und sollten hier auf hormonaktiv-freie Substanzen Acht geben.
Wechseljahre
Auch die Wechseljahre sind eine Zeit der Hormonumstellung und sollten idealerweise so ungestört wie möglich vollendet werden. Hier gelten dieselben Prinzipien: Je länger ein Körper auf diesem Planeten ist und entsprechend einen größeren Zeitraum der Umweltbelastung ausgesetzt ist, desto mehr Giftstoffe wird dieser aufgenommen haben. Lassen sich bestimmte Giftstoffe vom Körper nicht ausscheiden, entgiften oder weiterverarbeiten, so legt dieser diese Stoffe in bestimmten Körperkompartimenten ab, ähnlich wie bei einer „Müllkippe“. Auf dieser Müllkippe, z.B. in den Zellzwischenräumen, dem Fettgewebe oder auch im Gehirn, können diese Stoffe dann über Jahrzehnte abgelegt werden und den Organismus chronisch reizen. Dadurch können chronische Erkrankungen begünstigt werden.
Hormonaktive Substanzen – Was tun in hormon-turbulenten Zeiten?
Tipps für Eltern und werdende Eltern
Plastik meiden: Wie in unserem ersten Artikel der Reihe „Gesund leben in giftigen Zeiten“ beschrieben, sind sogenannte “BPA-freie” Plastikalternativen genauso schädlich. Wechseln Sie Plastikschüsseln mit Glas oder Edelstahlschälchen. Vor allem, wenn Essen erhitzt wird, darf es nicht in einem Plastikbehälter erwärmt werden. Genauso wenig sollte eine heiße Suppe in einem Plastiksuppenteller gegessen werden. Auch Kochutensilien aus Plastik wie Pfannenwender, Kochlöffel, Sieb oder Schneidebrett, sollten mit Edelstahl oder Holzmaterial ausgetauscht werden. Baby-Trinkflaschen gibt es z.B. auch aus Glas und mit Silikonsauger. Die Oberfläche einer Plastiktrinkflasche wird durch das häufige Sterilisieren und Erhitzen der Milch stark abgenutzt. Dadurch können sich hormonaktive Substanzen schnell in die fettige Milch ablösen.
“Clean Food”: Vermeiden Sie am besten Essen mit hohem Pestizidgehalt, bevorzugen Sie idealerweise biologisch hergestellte, saisonale und vollwertige Nahrungsmittel. Reduzieren Sie den Konsum von Speisen oder Getränken in Dosen. Die Innenseite der Konservendosen sind oft mit BPA ausgekleidet.
Körperpflegeprodukte reduzieren und überprüfen: Es gibt einige Apps, die durch das Scannen der Barcodes von Produkten sofort schädliche Substanzen herausfinden können und gleichzeitig gute Alternativen vorschlagen.