Die Darmwand als unser inneres und flexibles Schutzschild

Die sicheren und brauchbaren Moleküle, die die Darmwand nach Möglichkeit nur durchlassen soll, sind aus der Nahrung aufgespaltene kleinste Teile (z.B. Zuckermoleküle, Fettsäuren, Aminosäuren, Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente und Pflanzenstoffe). Diese wandern dann durch die Darmwand bis in den Blutkreislauf, von wo sie in die entferntesten Körperzellen geschickt werden können, um dort ihre Funktion zu erfüllen.

Tatsächlich ist es eine natürliche Fähigkeit der Darmwand, kurzzeitig für die richtigen Stoffe durchlässig zu sein. Zum Beispiel, wenn der Körper einen Krankheitserreger so schnell wie möglich herausspülen will. Dann werden die Dichtungen zwischen den Darmwandzellen kontrolliert gelockert, Wasser tritt aus dem Gewebe in das Darmlumen ein und so kann der ganze Darminhalt als wässriger Durchfall nach außen befördert werden. Nach erfolgreicher Ausspülung und Eliminierung der Krankheitserreger, schließen sich die Darmwandzellen wieder dicht aneinander und der Körper kann sich regenerieren. Auch in einer Schwangerschaft ist der Darm durchlässiger, damit der Austausch von Immunzellen aus dem Darm von der Mutter zum Kind erleichtert wird. Ein löchriger Darm ist also bis zu einem gewissen Grad und zu einem bestimmten Zeitpunkt eine gesunde Reaktion des Körpers.

Das innere Schutzschild geht kaputt – der Körper wird krank

Eine Darmwand, die die Fähigkeit verloren hat, sich abzudichten und in chronisch durchlässigem Zustand verbleibt, hat verheerende Folgen für die Gesundheit. Die wichtigen Verbindungsstellen zwischen den Darmwandzellen heißen fachsprachlich „tight junction“ („enge Verbindungsstelle“). Sind diese „tight junctions“ nicht mehr flexibel miteinander verbunden, sondern einfach kaputt oder gelockert, hält die Durchlässigkeit der Darmwand krankhaft an. Dann wird der Körper konstant von Fremdstoffen und größeren Nahrungsmittelmolekülen überschwemmt, die eigentlich nicht ins Körperinnere gehören, sondern im Normalfall den Darm mit dem Stuhl wieder verlassen. Ab diesem Moment alarmiert sich das Immunsystem – und zwar ständig und unverhältnismäßig. Und genau hier liegt das große gesundheitliche Problem: Erkennt das Immunsystem fremde Moleküle in seinem Blutstrom, wird es aktiviert und entwickelt eine Abwehrreaktion gegen eben diese Stoffe Eine oft genutzte Abwehrreaktion des Immunsystems ist die Entzündung. Kommen Nahrungsmittelbestandteile durch einen löchrigen Darm unverhältnismäßig in den Kontakt mit dem Immunsystem, kann eine chronische Entzündung entstehen und der Körper kann so eine Unverträglichkeitsreaktion oder auch Allergie gegen Nahrungsmittelbestandteile, aber auch andere Stoffe, die aus der Umwelt in unseren Darm gelangen, entwickeln. Solche chronischen Entzündungen (ob im Darm oder auch in anderen Geweben) sind der Vorläufer von chronischer Krankheit und vielen Zivilisationskrankheiten. Überall dort, wo der Organismus sich chronisch entzündet, können sich im Verlauf vieler Jahre chronische Krankheiten entwickeln. Welche Krankheiten sind das, die unter anderem einen engen Bezug zur chronischen Entzündung und auch zum sog. leaky-gut Syndrome haben? Unter anderem:

• Autoimmunkrankheiten (bsp. Hashimoto)
• Entzündliche Darmerkrankungen
• Diabetes mellitus Typ 2
• Depression, Alzheimer, Autismus
• Fettleber
• Allergien
• Nahrungsmittelunverträglichkeiten
• Dermatitis, Akne

In gesundem Zustand ist die Innenseite der Darmwand von einer intakten Schleimhaut überzogen und diese wird von einem dichten Biofilm aus schleimbildenden Mikroorganismen bedeckt. Eine freiliegende Darmwand ohne schützenden Biofilm und mit gelösten „tight junctions“ hat immer einen Rückgang der schleimbildenden Darmbakterien als Vorgeschichte. Ist die Darminnenwand also mit einer lebendigen Schleimhaut überzogen, welche ihrerseits die richtigen schleimbildenden Mikroorganismen beherbergt, dann sind die Darmwandzellen mit ihren „tight junctions“ geschützt und durch den Biofilm gut mit lebenswichtigen Nährstoffen versorgt. Ist die Darmwandzelle dadurch geschützt und versorgt, kann sie gut funktionieren und ihre Aufgabe des Abdichtens gut erfüllen. Ist sie jedoch ständig unterversorgt und ohne Schutz schädigenden Einflüssen ausgesetzt verkümmert die Schleimhaut immer mehr und geht letztendlich kaputt.

Wie erlangt man eine gesunde Darmbarriere zurück?

Es gibt bestimmte Faktoren, die eine Durchlässigkeit der Darmwand auslösen. Hat man nun eine intakte Darmschleimhaut und eine förderliche Bakterienbesiedlung im Darm, machen diese Faktoren – sobald sie abgesetzt sind – nicht viel aus. Wird aber der Körper über einen sehr langen Zeitraum vielen der folgenden Faktoren ausgesetzt oder ist der Körper schon chronisch krank (bsp. Autoimmunkrankheiten, Diabetes..) und/oder hat schon lange Verdauungsstörungen, können sie den chronischen Krankheitsstatus zusätzlich verschlimmern.

Diese Faktoren sind:

• dauerhafte Einnahme von Medikamenten Antibiotika, NSAID (Schmerzmittel, Antirheumatika usw.)
• ungesunde Ernährung: hoher Alkoholkonsum, übermäßiger Verzehr von Fruktose, Gluten, gesättigten Fettsäuren
• Stress aller Qualitäten: psychologischer Stress, akustischer Stress, körperlicher Stress
• Intensives, langes Training

Die gute Nachricht: Auf viele dieser Faktoren, die dieses Gleichgewicht ins Wanken bringen können, haben wir direkten Einfluss. Auf unsere Darmgesundheit können wir also aktiv einwirken. Man nennt es nicht umsonst auch das Zentrum der Gesundheit.